AUSSTELLUNG IM KÜNSTLERHAUS BREGENZ
"VON DEN WURZELN"
13. März (Eröffnung wegen Corona abgesagt) - 21. Juni 2020
Wer hätte noch beim Ausstellungsaufbau gedacht, dass es so kommt, wie es gekommen ist?
Corona hat uns erreicht und die Pläne vernichtet. So war meine Ausstellung "Von den Wurzeln", obwohl sie im Künstlerhaus aufgebaut war, bis zum 15. Mai nur virtuell zu sehen. Was bringt uns die Zukunft? Auf welchen Wurzeln dürfen wir eine "neue Welt" bauen?

KEINER IST FREMD
keiner ist fremd
auf diesem planeten
irdische wurzeln sind
allen gemeinsam
wie man es auch dreht
und wendet
warum daran zweifeln?
EB 2019
FOTOS der Ausstellung hier unten
Zum Thema "Wurzeln" haben mich drei verschiedene Begebenheiten geführt.
Da war erstens ein 172 Jahre altes Schreiben im Kirchturm des Dorfes meiner Kindheit, in dem steht: "In der unruhigen Zeit um 1848 lebten wir, eure Urahnen, hier in Röwersdorf, zwischen den Schlesischen Hügeln, in Freiheit und Ruhe miteinander, weit weg vom Weltgeschehen". Gemeint waren Tschechen, Deutsche, Juden und Polen, die hier über Jahrhunderte verwurzelt waren. Verschiedene Ereignisse wie Naturkatastrophen, Auswanderung und Vertreibung haben aber dazu geführt, dass die Bevölkerung später wesentlich dezimiert und das Dorf ein "Geisterdorf" wurde.
Im Zyklus "Orte" habe ich untersucht, welche Einflüsse Orte auf unser "Wurzelempfinden" haben, wenn die vertrauten Menschen von damals nicht mehr dort sind. Für mich hat sich herausgestellt, dass manche dieser Orte das Gefühl von einer gewissen Leere und geringer Perspektive hinterlassen haben. Andere Orte zeigten sich allerdings überraschend intensiv und kraftvoll.
Weiters begegne ich auf meinen Reisen immer wieder verlassenen Orten, die mich nachdenklich stimmen. Orte, die einst ein Zuhause der Ausgewanderten waren, Orte, wo sie ihre Wurzeln hatten, Orte, die sie auch aus den vorher erwähnten Gründen verlassen haben.
Was heißt es, entwurzelt zu sein und welche Rolle spielt dabei die Globalisierung, der Zerfall gesellschaftlicher Hierarchien oder der Religionsverlust? Welche Rolle spielen Wurzeln bei der moralischen Verwahrlosung mancherorts und dem weltweiten bewussten oder unbewussten Zerstörungsgeist? Ist es möglich, nach traumatischen Erlebnissen Wurzeln zu behalten, respektive sich neuen, zu hinterfragenden Verwurzelungen zu öffnen?
"Verlassene Orte" ist eine Auswahl von bearbeiteten Fotografien, die verlassene, von der Natur wiedereroberte, Orte zeigen.
Und schließlich musste "mein" Baum gefällt werden. Die 150-jährige Rotbuche wurde von ihren Wurzeln getrennt. Nur der Baumtorso steht noch im Park, als Erinnerung und Mahnmal. In der Installation "Baum-Metamorphose" geht es um die symbolische Entwurzelung und die Chance auf eine neue Existenz. Der mächtige Baum existiert weiter, zwar nicht in seiner vollen Pracht, aber leicht und schwebend, fast Tausend Kilometer von seinem Ursprungsort entfernt.
Die Baumscheibe - eine Nachbildung des Baumstamms mit 8,80 m Umfang - schwebt genauso wie ein Mobile mit der Originalrinde und -Zweigen der gefällten Rotbuche. Alles schwebt im Wissen, dass die Wurzeln noch tief in der Heimaterde sind.
Als nahe liegendes Beispiel zum Thema WURZELN habe ich in dieser Ausstellung einen Teil meiner Lebensgeschichte thematisiert. Im Jahr 1968, nach der Besetzung meiner Heimat, Tschechoslowakei, war auch ich von der Migration betroffen. Mir geht es wie "meinem" Baum. Die Hauptwurzel bleibt noch in der Heimaterde. Nur zum Unterschied zum Baum habe ich auch Beine, die mich zu neuen Verwurzelungen getragen haben. Diese sind temporär und miteinander verwoben, wecken Empfindungen von "nicht mehr" und "noch nicht" aber auch von einer inneren, tragenden Verwurzelung. Meine Geschichte ist nur ein Beispiel für die vielen Zusammenhänge und stellt die Frage nach der Bedeutung der Wurzeln in einer Welt, die sich offensichtlich zunehmend auf neuen Pfaden bewegt.
Begleitend zur Ausstellung erscheint der Katalog "Von den Wurzeln".
Dieser kann direkt bei mir bestellt werden (Euro 15,00 plus Porto)
Einblicke in die Ausstellung im Dachgeschoß des Künstlerhauses Bregenz
Ausstellungsraum im Dachgeschoss mit der Installation "Baum-Metamorphose"
Zyklus "Orte"
Zyklus "Wurzeln"
Zyklus "Orte"
Zyklus "Orte"
Originalfotografien vom 21.August 1968 und Original-Fotokamera
Collage "Die alte Mauer"
Installation "Erdung" (Holz und Stein aus dem Bodensee, Erden aus mehreren Laendern) und 14 Statements zu den Wurzeln
Statements zu den Wurzeln
Installation "Baum-Metamorphose"
Nachbildung des Baustamms einer 150-jaehrigen Rotbuche, Umfang 8,80 m (MDF-Platte, Acrylfarbe)
Mobile mit Originalbaumrinde und -zweigen
mehr dazu: http://www.kuenstlerhaus-bregenz.at